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Jobcoaching erfordert ein spezielles Know-how

Interview mit Kursleiterin Benina Ahrend

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 13. Oktober 2025 |  Benina Ahrend | Textbeitrag

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Bei der Entwicklung des Ausbildungsgangs gFAB inklusiv spielte Kursleiterin Benina Ahrend eine zentrale Rolle. Die Beraterin und Trainerin aus Hamburg begleitet seit vielen Jahren Fachkräfte in ihrer beruflichen Entwicklung. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in Coaching, Moderation und Fortbildungsleitung, insbesondere zu Themen wie Jobcoaching, Inklusion und Übergänge aus der Werkstatt in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das sagt sie zum neuen gFAB-Angebot von 53° NORD.

KLARER KURS: Frau Ahrend, 53° NORD bietet ab 2026 eine gFAB speziell für Jobcoachs aus Werkstätten an. Was war der Grund, dass 53° Nord gemeinsam mit Ihnen als Kursleiterin die neue Qualifizierung gFAB inklusiv entwickelt hat?
 

Benina Ahrend: Wir führen bei 53° Nord seit über zehn Jahren die „Basisqualifizierung für Jobcoaches“, die sehr gut angenommen wird. Das zeigt deutlich, wie groß der Bedarf ist, Fachkräfte in Werkstätten darauf vorzubereiten, berufliche Teilhabe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die bisherigen gFAB-Qualifizierungen bilden diesen Bedarf nur unzureichend ab.

 

Gibt es diese Basisqualifizierung weiterhin?

Ja, sie kann weiterhin bei uns gebucht werden.

 

Worin unterscheiden sich die beiden Qualifizierungen?

Im Umfang und in der inhaltlichen Tiefe. Die Basisqualifizierung umfasst drei Module mit insgesamt zwölf Fortbildungstagen. Die neue gFAB inklusiv besteht aus acht Modulen á drei Tage plus einem Zusatzmodul zur Prüfungsvorbereitung. Sie ist also umfangreicher und vielseitiger.

 

Warum sollten Werkstätten ihre Fachkräfte in die gFAB inklusiv und nicht in eine klassische gFAB-Qualifizierung schicken?

Werkstätten sind zunehmend gefordert, ihre Haltung zur inklusiven Arbeit zu überdenken und entsprechende Strukturen zu schaffen. Teilweise gibt es seitens der Kostenträger Quoten für inklusive Arbeit. Die klassische gFAB richtet sich an Fachkräfte, die innerhalb der Werkstatt tätig sind. gFAB inklusiv dagegen bereitet gezielt auf das Jobcoaching außerhalb der Werkstatt vor.

 

Unterscheiden sich die Tätigkeiten von gFAB-Fachkräften in der Werkstatt und Jobcoaches in Betrieben wirklich so stark?

Ja, sehr. Jobcoaching erfordert ein spezielles Know-how. Es geht darum, Betriebe als Kooperationspartner zu gewinnen und Menschen individuell in betriebliche Abläufe einzuarbeiten, in einer 1:1-Situation. Gleichzeitig müssen Kolleginnen und Kollegen, die die Begleitung langfristig übernehmen, einbezogen werden. Das unterscheidet sich stark von der Arbeit in einer Werkstattgruppe.

 

Mit welchen Inhalten bereiten Sie die künftigen Jobcoaches auf ihre Tätigkeit vor?

Im Mittelpunkt steht die Haltung zum Begleiten im Arbeitsmarkt: Wo steht jemand, was will und kann er oder sie? Dazu kommen Themen wie betriebliche Kooperationen, Netzwerkarbeit im Sozialraum, Teamarbeit mit verschiedenen Akteuren, der Umgang mit Spannungen sowie die Begleitung unterschiedlicher Zielgruppen. Schließlich geht es auch darum, sich schrittweise aus dem Prozess zurückzuziehen und Verantwortung zu übergeben.

 

Wie ist der Kurs aufgebaut?

Die acht Module erstrecken sich von März bis Dezember 2026, ergänzt durch ein Prüfungsmodul – insgesamt also etwa ein Jahr Qualifizierungszeit. Zwischen den Präsenzphasen gibt es Selbstlernphasen über unsere digitale Lernplattform. Dort sind Eigenarbeit, Peer-Austausch und begleitete Online-Sessions mit den Referentinnen und Referenten möglich.

 

Sie entwickeln die Qualifizierung gemeinsam mit den Werkstätten der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück. Warum dieser Kooperationsansatz?

Wir wollten bewusst Praktiker aus der Werkstatt einbeziehen. Zwei der acht Module finden bei der HPH in Osnabrück statt, und auch in den Modulen in Kassel sind z.T. HPH-Referentinnen und -Referenten eingebunden. Zudem arbeiten wir mit der Hamburger Arbeitsassistenz zusammen, die seit über 30 Jahren erfolgreich Menschen mit Werkstattberechtigung auf den Arbeitsmarkt begleitet.

 

Die Prüfung wird extern abgenommen?

Genau. Die gFAB ist eine staatlich anerkannte Ausbildung, die Prüfung liegt in der Verantwortung des jeweiligen Landesprüfungsausschusses. Wir bereiten die Teilnehmenden darauf vor, aber die Anmeldung und Abnahme erfolgen extern.

 

Wie läuft die Prüfung ab?

Sie besteht aus einer vierstündigen schriftlichen Klausur, einem selbst gewählten Projekt mit Bericht sowie einer Präsentation und einem Fachgespräch vor dem Prüfungsgremium. Das ist ähnlich aufgebaut wie bei unserer Basisqualifizierung.

 

Welche Entwicklung möchten Sie mit gFAB inklusiv anstoßen?

Wir wollen die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention weiter voranbringen und die Voraussetzungen für berufliche Teilhabe verbessern. Es ist ein Schritt zu mehr Professionalisierung und mehr Möglichkeiten, den inklusiven Weg zu gehen.

 

Sehen Sie Werkstattarbeit und Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Konkurrenz?

Nein, überhaupt nicht. Es geht um Wahlfreiheit. Der Zugang zum Arbeitsmarkt stellt die Werkstatt nicht infrage. Sie bleibt für viele weiterhin der wichtigste Ort beruflicher Teilhabe. Wir wollen nur dazu beitragen, dass die Alternative genauso möglich wird.

 

Vielen Dank, Frau Ahrend, für das Gespräch.

Mehr Informationen und Anmeldung zu "gFAB inklusiv - Ausbildung für Jobcoachs"

 

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