Nachrichten aus der LAG WfbM in Berlin

In unseren Nachrichten aus der beruflichen Teilhabe berichten wir regelmäßig über aktuelle Themen und Aktivitäten von Verbänden und Arbeitsgemeinschaften. Mit dem Geschäftsführer der LAG WfbM in Berlin, Dr. Paul Becker, sprachen wir diesmal unter anderem über die Themen Gewaltprävention, Klimaschutz, Information und Beratung erwerbsgeminderter Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sowie über den Landesrahmenvertrag.
Dr. Paul Becker übernahm die Geschäftsführung der LAG WfbM Berlin im Juni 2023. Der promovierte Sozialwissenschaftler war zuvor in verschiedenen Bereichen der Migrations-, Demografie- und Integrationsforschung sowie -beratung tätig, u.a. für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Themenfeld Fachkräfteeinwanderung und Fachkräftesicherung. Mit seinem Hintergrund in Inklusion, sozialer Teilhabe und Arbeitsmarktintegration bringt Dr. Becker fachliche Expertise in die Weiterentwicklung der LAG ein. Er folgt auf Bettina Neuhaus, die u.a. mit dem Aktionstag "Schichtwechsel" eine bundesweit beachtete Initiative ins Leben rief.
Die Angebote der LAG WfbM Berlin
Die LAG WfbM Berlin ist ein Zusammenschluss von 16 Werkstätten für behinderte Menschen in Berlin und bieten insgesamt rund 9.900 Plätze: etwa 900 im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich, ca. 7.500 im Arbeitsbereich sowie 1.500 in Tagesförderstätten und Fördergruppen. Geschäftsführer Dr. Paul Becker: "Die Belegung im BBB und Arbeitsbereich ist in Berlin seit mehreren Jahren rückläufig, während die Nachfrage an sozialer Teilhabe in den Beschäftigungs- und Förderbereichen leicht steigend ist." Insgesamt bieten die Berliner Werkstätten über 80 unterschiedliche Arbeitsangebote an 111 Standorten an.
Öffnung der LAG WfbM Berlin für Andere Leistungsanbieter (ALA)
Am 13. Mai 2025 sprachen sich die Mitglieder der LAG auf ihrer Jahresklausur einstimmig für eine Öffnung gegenüber "Anderen Leistungsanbietern" (ALA) aus. Die Satzung soll entsprechend angepasst werden. Dr. Paul Becker benennt das Ziel dieser Öffnung: "Wir wollen Impulse für die Weiterentwicklung inklusiver Arbeitsangebote in Berlin setzen und die Vielfalt für leistungsberechtigte Menschen stärken und erweitern."
AG Gewaltprävention und Fachberatung Gewaltprävention
Ein weiterer Schwerpunkt der LAG liegt auf der Prävention gegenüber struktureller Gewalt. Bereits 2017 wurden entsprechende Handlungsempfehlungen verabschiedet, 2018 folgte die Einrichtung einer Fachberatungsstelle. Dr. Becker erläutert: "Die Fachberatung unterstützt die Werkstätten bei der Konzeption und Umsetzung von Gewaltpräventionsmaßnahmen. Ihre Arbeit geht über reine Schutzmaßnahmen hinaus und schließt Themen wie sexuelle Bildung, Inklusion und Teilhabe, digitale Gewaltprävention sowie Resilienzförderung und Selbstwirksamkeit ein." Schulungen von Multiplikator*innen verankern das Wissen langfristig in den Einrichtungen, wobei sowohl Fachkräfte wie Beschäftigte, insbesondere Werkstatträte und Frauenbeauftragte, beteiligt sind.
Perspektivisch sollen die entwickelten Materialien bundesweit als Open Educational Resources (OER) zugänglich gemacht werden. Als erstes Beispiel dafür steht das Informations- und Übungsheft zum Umgang mit dem Cyber-Mobbing, das auf der Webseite der LAG heruntergeladen werden kann. Aktuell arbeiten die Fachberatung und die Mitgliedseinrichtungen auch an einem FAQ-Katalog, der auf einer digitalen Austauschplattform bereitgestellt werden soll – mit Option auf überregionale Ausweitung. Federführend ist die neue Fachberaterin für Gewaltprävention, Frau Patricia Keßler, die 2024 Sascha Omidi in diesem Amt folgte.
AG Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Im Jahr 2024 gründete die LAG WfbM Berlin die Arbeitsgruppe Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Ihr Fokus liegt auf vier für Werkstätten relevanten Zielen der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030: Gesundheit und Wohlergehen (Ziel 3), hochwertige Bildung (Ziel 4), bezahlbare und saubere Energie (Ziel 7) sowie nachhaltiger Konsum und Produktion (Ziel 12). Innerhalb der AG werden Best-Practice-Beispiele zu Themen wie Hitzeschutz, Energieversorgung, Photovoltaiknutzung, gesunder Ernährung und regionaler Beschaffung gesammelt und kollegial geteilt. Dr. Becker betrachtet diese Aktivitäten als Beitrag der LAG zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe: "Die LAG WfbM Berlin als Teil unserer Gesellschaft sieht aufgrund unserer einzigartigen Form der Zusammenarbeit die Chance, nicht nur in Sachen Inklusion, sondern auch bei der nachhaltigen Entwicklung eine Vorreiterrolle einzunehmen."
Idee einer Fachtagung "Berlin Inklusiv 2035: Passgenaue und zielgruppenorientierte Angebote für erwerbsgeminderte Menschen in Berlin"
Ein weiteres aktuelles Handlungsfeld der LAG betrifft die Beratung erwerbsgeminderter Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die Zahl der erwerbsgeminderten Menschen im erwerbsfähigen Alter, die Leistungen der Grundsicherung beziehen, lag 2024 in Berlin bei 38.250 Personen – ein Anstieg von 2.870 im Vergleich zum Vorjahr. Weiterhin lebten 2023 in Berlin laut den Angaben der Deutschen Rentenversicherung 77.951 Menschen, die eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen haben. Die Gesamtzahl erwerbsgeminderter Menschen im erwerbsfähigen Alter lag 2023 somit bei mehr als 113 Tausend. Darunter befindet sich ein wachsender Anteil von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Zwischen 2015 und 2023 stieg diese Gruppe um rund 25 %. Dr. Paul Becker: "Die Entwicklung der Zahl erwerbsgeminderter Menschen in Berlin spiegelt dabei nicht überraschend die gesamtgesellschaftliche Entwicklung hin zu einer deutlich vielfältigeren Gesellschaft wider. Diese Entwicklung führt zu einem erhöhten und differenzierteren Beratungsbedarf, dem die LAG gemeinsam mit den zuständigen Leistungsträgern begegnen will. Die LAG plant die Durchführung einer Fachtagung zur zielgruppenorientierten Beratung erwerbsgeminderter Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Unser Ziel ist es, inklusive, personenzentrierte Teilhabeangebote bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und strukturell zu verankern." Dr. Becker will damit eine Versorgungslücke beheben: "Die LAG WfbM Berlin verfolgt konsequent das Ziel, für alle leistungsberechtigten Menschen in Berlin den Zugang zu Teilhabe am Arbeitsleben und sozialer Integration zu verbessern und gleichzeitig ihre Rolle als Impulsgeberin in gesellschaftspolitisch relevanten Handlungsfeldern auszubauen."
Kündigung des Berliner Landesrahmenvertrags
Am 31. März 2025 scheiterten die Verhandlungen der Berliner Vertragskommission Eingliederungshilfe an dem Thema Assistenzleistungen. Dieser Stillstand führte dazu, dass die durch den Senatsbeschluss festgelegten "auflösenden Bedingungen" eintraten und der derzeitige Rahmenvertrag am 31. Dezember 2026 endet. Ab dem 1. Januar 2027 tritt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag in Kraft, der die bisherigen Regelungen außer dem verhandelten Abschnitt zu Assistenzleistungen inhaltsgleich fortführt und bereits von den Mitgliedsverbänden der LIGA unterschrieben wurde. Mit dem Übergang in einen öffentlich-rechtlichen Vertrag ist eine einseitige Rechtsverordnung des Landes, wie sie derzeit in Sachsen-Anhalt gilt, für Berlin abgewendet.
LAG-Geschäftsführer Dr. Becker: "Für die Werkstätten für behinderte Menschen wird der öffentlich-rechtliche Vertrag die bisherigen Leistungsbeschreibungen und Qualitätsstandards im Grundsatz übernehmen, muss aber Anpassungen an die neuen gesetzlichen Vorgaben vornehmen." Zwei Arbeitsgruppen der Kommission 131 arbeiten derzeit an den entsprechenden Leistungsbeschreibungen.