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„Hilf mir dabei, der zu sein, der ich sein will und sein kann“

Oder warum ich das Gedankenspiel von 53°NORD über Stephen Hawking zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen nutze

Bild „Hilf mir dabei, der zu sein, der ich sein will und sein kann“

 24. Februar 2022 |  Madeleine Leube | Textbeitrag

  Haltung, Wahlfreiheit und Selbsbestimmung, Kostenfreie Artikel, Gastbeitrag

Im März 2018 starb der Astrophysiker Stephen Hawking im Alter von 76 Jahren. Nach seinem Tod veröffentlichten wir im Newsletter von 53°NORD mit der Überschrift „Hilf mir dabei, der zu sein, der ich sein will und sein kann“ das Gedankenspiel „Was wäre, wenn Stephen Hawking ein Deutscher gewesen wäre?“. Madeleine Leube, die Leiterin des Fachbereichs INklusiv bei den Mainfränkischen Werkstätten in Würzburg, verwendet diesen Artikel bis heute zur Einarbeitung neuer KollegInnen. Sie erklärt uns warum...

 „Der Artikel über Stephen Hawking drückte das aus, was unsere Arbeit bei INklusiv prägt und was ich neuen Kolleginnen und Kollegen ans Herz legen möchte: Wir möchten jedem Menschen mit Behinderung ermöglichen, dass er ein Leben und Arbeiten in größtmöglicher Selbstständigkeit und Selbstbestimmung führen kann. Grundsätzlich gilt bei uns: Der Mensch mit Behinderung ist der Experte in seiner Sache. Das ist leider einfacher gesagt, als getan. „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ ist ein Satz den man häufig hört. Aber tut er das wirklich?

Leider bieten unsere Wohn- und Arbeitsangebote oft eine beschränkte Auswahl, die die Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen stark begrenzen. In vorgegebenen Rahmen stellen Fachleute aufgrund ihrer Diagnose den Unterstützungsbedarf fest und die Kostenträger bewilligen die entsprechenden Hilfen. Im Mittelpunkt steht der behinderungsbedingte Mangel, das Defizit der Person, das es auszugleichen gilt. In der Überschrift des Newsletter-Artikels „Hilf mir dabei, der zu sein, der ich sein will und sein kann“ drückt sich eine andere Haltung aus. Sie ist stärkenorientiert und personenorientiert, die nötigen Hilfe leiten sich ab vom Wollen der Person. Die Frage lautet nicht: In welches Angebot passt die Person? sondern: Was will der Mensch und was braucht er dazu?

Diese Grundhaltung kann aber nur dann greifen, wenn das Hilfesystem flexibel ist. Möchte ein junger Mensch in einer Autowerkstatt, im Supermarkt, im Kindergarten oder gar in einer Hochschule arbeiten, kann eine Werkstatt mit ihrem begrenzten Angebot ihm diesen Wunsch kaum erfüllen. Zu stärken- und personenorientieren Haltung gehört ein offenes Unterstützungssystem, das der Person hilft, ihre Wünsche zu entdecken und zu entwickeln, das diese Wünsche ernst nimmt und sie bei der Umsetzung mit einem kreativen Mix flexibler Personen, technischer Hilfen und sozialräumlicher Ressourcen unterstützt. Wir brauchen einen durchlässigen und flexiblen Hilfeansatz, der gewolltes und nicht gesolltes Leben und Arbeiten ermöglicht.

Stephen Hawking hatte das Glück, eine solche Unterstützung zu bekommen. Ohne sie hätte er sich mit Sicherheit nicht zu dem entwickeln können, was er war: Einer der kreativsten Wissenschaftler, die es je gegeben hat.“

Zum Artikel "Was wäre, wenn Stephen Hawking ein Deutscher gewesen wäre?"

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