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Von der Werkstatt-Bürogruppe zum bundesweiten Medienprojekt

caput, ein Magazin mit Strahlkraft aus den Iserlohner Werkstätten

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Das caput-Redaktionsteam

 03. Juni 2025 |  Dieter Basener | Textbeitrag

  Weiterentwicklung der beruflichen Teilhabe, Werkstätten, Gute Praxis - die Reportage

Mit einem inklusiven Redaktionsteam, einer klaren Vision und einem außergewöhnlichen Gespür für Themen abseits des Mainstreams hat sich das Magazin caput zu einem bemerkenswerten Medienprojekt der Werkstattlandschaft entwickelt. Was 2007 als kleine Bürogruppe in einer WfbM begann, ist heute ein bundesweit gelesenes Sozial-, Reportage- und Lifestyle-Magazin mit Haltung. Eigenständig, authentisch und kritisch.

Die Anfänge: Kreative Teilhabe statt Bürokratie

Die Entstehung von caput nahm ihren Ausgang in der Gründung eines neuen Geschäftsfelds der Pastor-Horstmann-Werkstatt in Hemer, einem Betrieb der Iserlohner Werkstätten gGmbH. Dort wurde 2007 unter der Leitung von Pascal Wink eine Bürogruppe ins Leben gerufen, mit dem Ziel, Menschen mit körperlichen Einschränkungen einen passenden Arbeitsplatz zu bieten. Die ersten Aufgaben im Bereich EDV waren wenig kreativ. Schnell entstand der Wunsch nach einer Tätigkeit, die den Beschäftigten mehr Eigenständigkeit und Öffentlichkeitswirkung ermöglichte.

So wurde zunächst eine interne Werkstattzeitung mit dem Titel "Fahrtwind" gegründet, ein journalistisches Experiment, das bald unter dem prägnanten Namen caput weiterentwickelt wurde. "caput", das lateinische Wort für "Kopf", steht sinnbildlich für die Denk- und Ausdruckskraft der Redaktion, deren Mitglieder teilweise körperlich eingeschränkt sind, aber mit hoher intellektueller Energie arbeiten. Die doppelte Bedeutung, zwischen "Kopf" und dem deutschen "kaputt", verweist augenzwinkernd auf gesellschaftliche Barrieren und auf das Selbstbewusstsein der Beteiligten, diesen mit Kreativität und Humor zu begegnen.

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Inhalte, Haltung, Handschrift

caput ist keine Werkstattzeitung im klassischen Sinne, sondern ein professionell gestaltetes Magazin für Sozialthemen, Reportagen und Lifestyle, das sich an eine vielfältige Öffentlichkeit richtet. Das inhaltliche Profil: gesellschaftlich relevante Fragen, persönliche Lebensgeschichten, inklusive Perspektiven und kulturelle Vielfalt, aufbereitet mit journalistischer Sorgfalt und emotionaler Tiefe.

Dabei geht es ausdrücklich nicht nur um Behinderung. Zwar ist Inklusion ein zentrales Thema, doch die Redaktionslinie folgt dem Anspruch, echte Lebensrealitäten sichtbar zu machen, auch in ihrer Widersprüchlichkeit. Kritische Auseinandersetzungen mit sozialen Ungleichheiten, institutionellen Grenzen oder Tabuthemen sind ausdrücklich erwünscht. Die Tonlage reicht dabei von nachdenklich bis humorvoll, von anklagend bis versöhnlich. Immer aber bleibt der Mensch im Mittelpunkt.

Die Themen der letzten 56. Ausgabe (März 2025) zeigen das breite Spektrum der caput-Redaktion:

  • Kann man nach einem Leben auf der Straße wieder in einen geregelten Alltag finden?
  • Bin ich der Nachkomme eines Kaisers, einer Königin, oder vielleicht sogar von Elvis Presley?
  • Was darf eine Ordensschwester über ihre Kirche denken – und sagen?
  • Was erwartet eine Gerichtsvollzieherin, wenn sie an fremde Türen klopft?
  • Wie gehen wir mit Menschen mit der Diagnose Schizophrenie um, wegsperren oder verstehen?
  • Wie kann man seinen inneren Frieden finden, wenn man mit häuslicher Gewalt aufgewachsen ist?

Mehr als ein Magazin: Kultur am Bahnsteig 42

Heute ist caput im Bahnsteig 42 angesiedelt, einem denkmalgeschützten Bahnhof in Iserlohn-Letmathe, der von den Iserlohner Werkstätten betrieben wird. In diesem besonderen Setting arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung in verschiedenen Bereichen: Gastronomie, Kundenservice – und Redaktion. Bahnsteig 42 erhielt im Jahr 2024 die Auszeichnung exzellent:arbeit der BAG WfbM und die caput-Redaktion war Mit-Preisträger. Die "dritte Säule" des Hauses vereint beispielhaft klassische Arbeitsinhalte einer Redaktionstätigkeit, also Texterstellung, Recherche oder Layout, mit Zielen wie Empowerment, Selbstwirksamkeit und sozialer Integration. Ergänzt wird die redaktionelle Arbeit durch das Format "Kultur am Bahnsteig 42" (KaB 42), eine Veranstaltungsreihe, die Lesungen, Konzerte und Kleinkunst auf die Bühne des historischen Bahnhofs bringt. Durch sie wird caput auch zu einem Ort der analogen Begegnung zwischen Redaktion, Publikum und Gesellschaft.

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Der Bahnhof Iserlohn-Letmathe
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Verlag und Vertrieb

Seit der 31. Ausgabe erscheint caput im Verlag 53° NORD. Die Zusammenarbeit hat die Gestaltung, Verbreitung und Professionalität des Magazins deutlich gestärkt. Heute erscheint caput vierteljährlich mit einer Auflage von rund 1.500 Exemplaren, erhältlich per Abonnement und im Bahnsteig 42. Die Leserschaft ist bundesweit verteilt. Sie umfasst Werkstätten, Träger, Fachschulen und Hochschulen, Entscheidungsträger und eine breite interessierte Öffentlichkeit.

WfbM-Medienworkshop: Die caput-Redaktion gibt ihre Erfahrungen weiter

Wer wissen möchte, wie die Öffentlichkeitsarbeit der Werkstatt die Erfahrung, Kompetenz und Kreativität von Werkstattbeschäftigten einbeziehen kann, ist herzlich eingeladen zum zweitägigen Workshop bei der caput-Redaktion am 23. und 24. September 2025 in Iserlohn.

Der Workshop vermittelt praxisnah, wie man inklusive Medienteams aufbaut, Werkstattzeitungen oder Social-Media-Formate entwickelt und damit Beschäftigte aktiv in die Öffentlichkeitsarbeit einbindet. Das Team von caput teilt seine Erfahrungen aus 18 Jahren Redaktionsarbeit im inklusiven Umfeld, am authentischen Ort des exzellent:arbeit-Preisträgers Bahnsteig 42.

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Die Evangelische Bank unterstützt die Inklusion von Menschen mit Behinderung, weil Diversität eine Bereicherung für unsere Gesellschaft und Ausdruck unserer christlich, nachhaltigen Grundeinstellung ist.

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